Rosen2

Sie nahm schon den dritten Anlauf um die linke Schrankhälfte zu öffnen, die ihrem Mann gehörte.
Sie hatte die Schiebetür einen kleinen Spalt aufgezogen, und ließ sie wieder resigniert zuschnappen.
„Ich kann es nicht!“ und verzweifelt ließ sie sich auf ihr gemeinsames Bett fallen.
Den Kopf in ihr Kissen gedrückt, weinte sie bitterlich.
Was war nur geschehen?
Was hatte sie übersehen?
Was war ihrer Kontrolle entglitten?
Sie hatte nicht die kleinsten Anzeichen der Entfremdung wahrgenommen.
Alles war wie immer!
Ok, in den letzten Tagen hatten sie heftiger gestritten als sonst, aber das kam doch in den besten Familien vor!
Und gestritten hätten sie nicht, wenn da nicht andauernd diese Frau angerufen hätte.
Als er dann auch noch 2x die Woche unter fadenscheinigen Gründen außer Haus ging, und erst nach drei Stunden wieder kam, war für sie das Maß voll.
Von wegen geschäftliche Verbindung!
Das glaube wer will – sie nicht!
Und als sie ihn gestern lautstark vor die Tür setzte und wutentbrannt hinter ihm abschloss, war ihr gar nicht bewusst, dass heute ihr 25. Hochzeitstag war.
Nun lag sie nach einer durchweinten Nacht auf dem Bett, weinte schon wieder, und kam sich verlassener vor als sie es je für möglich gehalten hätte.
Als sie sich wieder aufsetzte und mit dem Handrücken ihre Tränen wegwischte, sah sie in der Schlafzimmertür einen riesen roten Rosenstrauß.
Seitlich kam mit einem verrutschten Grinsen das Gesicht ihres Mannes zum Vorschein.
„Danke für 25 wundervolle gemeinsame Jahre Liebes!“ sagte er nur, ließ den Strauß Rosen auf die andere Betthälfte fallen, und kam mit einer kleinen blauen Schachtel ums Bett herum.
Sie war unfähig auch nur ein Wort zu sagen, sondern schaute ihn nur mit tränenvollen Augen an.
Er öffnete die Schachtel, die einen wunderschönen Silberring auf einem schwarzen Samtkissen präsentierte.
„Das war der Grund warum ich abends so oft weg war! Ich habe ihn in der Silberschmiede unter fachkundiger Anleitung eigenhändig für dich angefertigt.“ und lächelte spitzbübig.
Sie  ließ sich stolz den silbernen Ring von ihm  an den Finger stecken und fiel ihm um den Hals.
„Ich schäme mich so sehr für mein Misstrauen! Entschuldige bitte!“ Und ich würde dich tausendmal wieder heiraten!“ flüsterte sie ihm ins Ohr und küsste ihn lang und innig.

Sie hatte ihre Lektion gelernt.
Denn nicht immer sind die Dinge so wie sie erscheinen!

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